Einleitung
Eine Geschichte der Stadt Saaz|Žatec zu schreiben, ist eine Herausforderung. Nationale Leidenschaften und politisches Kalkül im Kalten Krieg haben seit dem 19. Jahrhundert eine objektive Betrachtung der deutsch-böhmischen Geschichte weitgehend verhindert. Sowohl von deutscher wie von tschechischer Seite stellte man die Verdienste der eigenen Volksgruppe übertrieben heraus, die Taten der anderen Volksgruppe machte man dagegen schlecht oder verschwieg sie.
Die nationale tschechische Geschichtsschreibung, die 1848 mit František Palacký begann, beschrieb die Deutschen als Eroberer und Invasoren, die ein Volk friedlicher, demokratisch organisierter Bauern unterjochten. Seit 1886 weiß man, dass diese Sicht ihren Ursprung in den Fälschungen eines Prager Archivars hatte. Doch diese Vorstellung wirkte bis ins 20. Jahrhundert fort. Nach 1948 wurde sie von den Kommunisten uminterpretiert in einen Kampf der besitzlosen Arbeiter und Bauern – das waren die Tschechen – gegen die besitzenden Adeligen, Bürger und Großbauern – das waren die Deutschen. Das rechtfertigte unter anderem ihre Vertreibung. Viele Spuren der deutschen Besiedlung wurden beseitigt, die jahrhundertelange Geschichte der Deutschen in Böhmen verschwiegen.
Die sudetendeutsche Geschichtsschreibung, die 1918 einsetzte[1], stellte dagegen die deutsche Besiedlung Böhmens infolge der europäischen Migrationen seit dem Hoch- und Spätmittelalter einseitig als zivilisatorische Wohltat und technische Modernisierung eines zurückgebliebenen Landes dar. Dass dabei auch eigennützige Politik im Spiel war, dass der deutsche Adel in Böhmen und das Deutsche Reich handfeste Interessen verfolgten, fiel unter den Tisch. Auch übersah man geflissentlich, dass die Vertreibung der Sudetendeutschen ihre Ursache in ihrer Kollaboration mit Hitler-Deutschland hatte. Von beiden Seiten verschwiegen wurde die herausragende Bedeutung der jüdischen Bevölkerung, speziell in Saaz, für das Gedeihen Böhmens über Jahrhunderte.
Es gab bereits vor 1968 Versuche, die unheilige Allianz von Nationalisten und Kommunisten zu durchbrechen, und über die Grenzen hinweg zu einer gemeinsamen Geschichtsschreibung zu kommen. Hier sei an František Graus und Ferdinand Seibt erinnert. Nachdem Graus emigriert war, gab es in der Tschechoslowakei indes keinen Ansprechpartner mehr für eine politisch neutrale Historiographie. Das hat sich seit der Wende 1989 geändert. Eine Generation junger tschechischer und deutscher Historiker ist dabei, mit alten Feindbildern und überkommenen Mythen aufzuräumen. Auf deren Forschungen stützt sich diese kurze „Geschichte der Stadt Saaz“.
[1] Stefan Albrecht (Hg.): Die „sudetendeutsche Geschichtsschreibung“ 1918–1960, München 2008.
Hier erfolgt auf der Webseite ein Versuch einer kurzen Darstellung der Geschichte der Stadt Saaz /Žatec als Einführung, erstellt von Otokar Löbl vom Förderverein der Stadt Saaz / Žatec. e.V.
Weitere Information sind und werden in weiterführenden Links im Text eingefügt. Für Anregungen und Kommentare wenden sie sich direkt an den Webmaster. Die Quellen werden am Ende Darstellung genannt.
I N H A L T
IV. Die Blütezeit der Stadt im Mittelalter
V. Johannes von Saaz und sein “Libellus Ackerman”
VII. Der 30 jähriger Krieg und Saaz
XIII. Saaz in der Tschechoslowakischen Republik
XIV. Die zwanziger Jahre in Saaz
XVIII. Der zweite Weltkrieg und sein Ende in Saaz
XIX. Die wilde Vertreibung in Saaz
XXI. Der Februar Umsturz 1948 in Saaz
XXII. Der Aufbau des Sozialismus in Saaz
XXIII. Der Frühling 1968 in Saaz