Die Wirtschaftskrise in Saaz

Anfang der 1930er Jahre erreichte die Wirtschaftskrise auch die Tschechoslowakei und Saaz. Dies hatte eine soziale Krise besonders für die Deutschen zur Folge, weil  die am stärksten betroffenen Gebiete gerade in den Grenzregionen, wie dem Saazer Land, lagen. Hiervon profitierte auf deutscher Seite das nationalistische bis rechtsradikale Spektrum – vor allem eine neue politische Kraft: die Henleinbewegung, die spätere Sudetendeutsche Partei.

Auch im Saazer Land waren viele Deutsche arbeitslos. Etwas besser ging es den Bauern im Umland, die sich wenigstens zum größten Teil noch selbst versorgen konnten. Die Arbeitslosigkeit bei den Sudetendeutschen erreichte 1933 mit 600.000 einen Höchstwert. Davon waren 40 % der Erwerbstätigen betroffen. Bei den Tschechen betrug sie in dieser Zeit nur 10 %. Von 1918 bis 1938 sind mehr als 2000 sudetendeutsche Industriebetriebe und gewerbliche Unternehmen verloren gegangen.

Kondrad Henlein in Saaz

Da besonders die exportorientierte Konsumgüterindustrie der Sudetendeutschen betroffen war, waren gerade unter den Deutschen besonders viele Arbeitslose zu verzeichnen. Was es jetzt gebraucht hätte, im Rückblick, wären besondere Maßnahmen zur Stützung gerade der deutschen Gebiete, die blieben aber aus. Es gab keine Sonderprogramme für die Deutschen in der Tschechoslowakei, oder für diese Gebiete. Und im Gegenteil, weil sich die Sudetendeutsche Partei von Anfang an äußerst nationalistisch gebärdete und eindeutig antidemokratisch orientiert war und an das nationalsozialistische Deutschland anlehnte, bestand aus der Sicht der tschechoslowakischen Führung auch kein Grund, besonders deutsche Betriebe zu unterstützen.

Und so sind wir Zeugen dessen, was wir als größte Bedrohung der Demokratie bezeichnen können. Weil die Menschen sehr unzufrieden waren und weil sie zu Langzeitarbeitslosen wurden, konnten sie nicht für einen vernünftigen Lebensunterhalt sorgen und das führte zu einem starken Radikalismus. Diesen Radikalismus haben nationale Gruppen und Bewegungen für ihre Ziele benutzt und das war auch die Ursache für die Stärkung der Henleinbewegung und einer großen Radikalisierung. In den zwanziger Jahren herrschte hier eine relative Ruhe, die nun in den dreißiger Jahren nicht mehr vorhanden war. Das zeigt sich auch daran, dass die tschechoslowakischen Behörden jetzt gezwungen sind, Anzeigen zu untersuchen, weil in manchen deutschen Gasthäusern in Saaz Aufschriften mit dem Text „Tschechen und Juden nicht erwünscht“ angebracht sind.

Turnfest 1933 in Saaz

1933 kam schließlich der Tag, der Saaz zu einem besonders wichtigen Ort der Henleinbewegung werden ließ. Der Verbandsturnwart des „Deutschen Turnverbands“ in der Tschechoslowakei Konrad Henlein organisierte das Saazer Turnfest als gewaltige Manifestation der Deutschen im Lande. Trotz der hohen Arbeitslosigkeit kamen 20.000 Turner und ca. 50.000 Besucher in die Stadt.

Noch im selben Jahr gründete Henlein die Sudetendeutsche Heimatfront, die sich 1935 in Sudetendeutsche Partei umbenannte.

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