Saazer Treffen 2012 und Ausstellung „Wilde Vertreibung“

Ausstellung anlässlich Saazertreffens in Gmünd

Die Personen v.l.n.r. Otokar Löbl, Hans Raithel, Zdeňka Haumousová (Saazer Bürgermeisterin), Karl Freller, Martin Kastler, Adolf Funk

 GEORGENSGMÜND (tts) – Im Rahmen des traditionellen Treffens des „Heimatkreises Saaz“ in Georgensgmünd fand am Vorabend im Rathausfoyer die Eröffnung der Wanderausstellung „Die wilde Vertreibung der Deutschen aus Nordböhmen 1945“ statt, die dort noch die kommenden vier Wochen zu sehen sein wird. Adolf Funk, der Vorstand des Saazer Heimatkreises, begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste, darunter auch Landrat Herbert Eckstein (SPD), der CSU-Europaabgeordnete Martin Kastler, sowie der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Freller. Eine ganz besondere Ehre für Funk war es jedoch, Zdeňka Haumousová, die Bürgermeisterin der Stadt Žatec (auf Deutsch Saaz) begrüßen zu dürfen. Otokar Löbl, der Kurator der Ausstellung, fungierte gleichzeitig als Übersetzter. Musikalisch begleitet wurde die Ausstellungseröffnung von Gerhard Tschapka und seinem „bömischen Bock“, einem traditionellen Dudelsack.

Laut Funk sei „Versöhnung durch Wahrheit“ der einzige Weg, um für die tschechische Bevölkerung und die Heimatvertriebenen wieder zu einem nachbarschaftlichen Verhältnis zu kommen. „Was den Menschen in beiden Ländern schon weitgehend gelungen ist, werden Politiker nicht ewig ignorieren und torpedieren können“, so Funk. Umso schöner sei es, beim diesjährigen Saazertreffens die erste Repräsentantin der Stadt Saaz begrüßen zu können. Funk fügte hinzu, dass das Saazer Heimattreffen und die Stadt Gmünd zusammengehören würden. Dem konnte Georgensgmünds Bürgermeister Ben Schwarz (SPD) nur beipflichten, schließlich bestand die Stadt Georgensgmünd nach dem Krieg zu einem Viertel aus Heimatvertriebenen. „Die gemeinsame Vergangenheit und Zukunft ist das, was uns verbindet“, sagte Schwarz

Laut Landrat Herbert Eckstein brauche Zukunft auch Herkunft, „auch wenn diese oft mit schmerzhaften Erinnerungen einhergeht. Diese Ausstellung trägt ihren Teil dazu bei, dass sich beide Seiten wieder offen und ehrlich in die Augen schauen können“, so Eckstein. Sie sei ein Geschenk für den Landkreis, in dem so viele Heimatvertriebenen eine neue Heimat gefunden hätten. Darüber hinaus auch sehenswert für die jüngere Generation, die die damaligen Geschehnisse nur aus Büchern kennen würden. Eckstein: „Es ist ein Glück für Europa, dass man inzwischen wieder offen miteinander reden kann. Einen Schritt weiter gegangen ist bereits der CSU-Europaabgeordnete Martin Kastler – er ist mit einer Tschechin verheiratet. Man sei nicht nur in der Politik wieder zur Normalität zurückgekehrt, dürfe jedoch trotz vieler Gemeinsamkeiten nicht die bestehenden Schwierigkeiten vernachlässigen. „Eins ist sicher, sowohl die Tschechen als auch die Deutschen leben gut gemeinsam als Europäer in der EU“, ist Kastler überzeugt.

Für den CSU-Landtagsabgeordneten Karl Freller konnte es kein besseres Zeichen geben als die Anwesenheit von Bürgermeisterin Haumousová bei dieser Ausstellung. Erst vor kurzem besuchte er Israel zusammen mit dem Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer, eine Begegnung, die ihn dazu veranlasste, einige Worte des „Brückenbauers“ Mannheimer zu zitieren. Demnach sei zwar Hitler primär verantwortlich für die Opfer der Flucht und Vertreibung, „aber seine verbrecherische Politik entlaste niemanden, der furchtbares Unrecht mit furchtbarem Unrecht beantworte“. Laut Mannheimer gehören die Verbrechen in Zusammenhang mit der Vertreibung der Sudetendeutschen zu den historisch schlimmsten Taten des letzten Jahrhunderts, „aber sein wichtigste Aussage lautet: ‚Ich konnte niemals Hass empfinden, Hass ist niemals eine Lösung“.

Anschließend folgte eine Einführung des Initiators der Ausstellung, Otokar Löbl, für den historisches Wissen nicht nur die Kenntnis von Vergangenen bedeute, sondern vielmehr das Begreifen der Ursache, die zu den Ereignissen führte. Seine Ausstellung stelle demnach einen breiten Kontext der historischen Konfliktgemeinschaft von Deutschen und Tschechen dar, belegt mit Originaldokumenten und Aussagen von Zeitzeigen. „Um zu verhindern, dass die Geschichte in unseren Köpfen uns die Köpfe verdreht, ist es gut, sich immer wieder mit den dokumentarischen Fakten zu beschäftigen. Diese Ausstellung soll dazu beitragen“, so Löbel.

Tobias Tschapka (tts)

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